Und wer Verstehen sucht,
versteht sich selbst noch nicht.
Wer Anerkennung braucht,
ist vom Erkenntnislicht noch weit
und muß noch viele Wege wandern;
denn was er selbst nicht hat,
sucht er beim Andern
– und findet’s nie!
Denn in der Harmonie
hat jeder seinen Klang
und seine eigene Melodie
im Weltgesang.
Der Klang des Andern,
– sei er noch so rein –
ist nicht der seine.
Den muß er alleine,
aus seines Wesens tiefster Quelle heben;
er kann ihn nicht erlernen,
nur erleben!
Autor: vanga
der Schlüssel zum Leben
Marianne kommt nach Hause. Es ist schon spät – sie schließt die Türe auf. Nur noch raus aus den Schuhen, dem Mantel und erstmal ab in die Küche, einen Schluck Wein. Der Tag war heftig, sie will nur noch ins Bett. Da klingelt es an der Tür – Marianne will es aber nicht hören – nimmt ihren Schlüssel und schließt die Haustür sehr geräuschvoll ab. Jetzt, so atmet sie durch, endlich Ruhe – ist doch so platt.
Am nächsten Morgen ruft ihre Schwester an. Beschwert sich, dass sie gestern Abend nicht mehr geöffnet hat. Heute möchte sie Mariannes Auto leihen, nur für heute – nur für einen Tag. Doch Marianne antwortet, dass sie den Schlüssel verloren hat. Marianne will ihre Ruhe, kann die Schwester das nicht verstehen.
Sie will nichts, sie gibt nichts, lügt extra so unverfroren – und wenn die Schwester gleich fragt, wie es ihr geht, antwortet Marianne, sie hätte wohl den Schlüssel zu ihrem Herzen verloren.
Schreibwerkstatt Hilchenbach
Spiegelgesetz
Die Suche nach der bedingungslosen Liebe ist letztlich die Suche nach Gott; auch jede Sucht ist eine Suche nach Gott. Wir haben es immer mit der Suche nach einem nicht offenbarten Teil in uns selbst, der göttliche Liebe, zu tun.
„Mensch minus Ego ist Gott“
Sathya Sai Baba
Quelle: Befreie dich Selbst von Matthias A. Exl
Kostbarkeiten
Wenn die Seele brennt
und das Herz in Freundschaft schlägt
Diamanten des Lebens
fette Beute
die Spinnenfrau sonnt sich auf einem Blatt
sie gähnt, ist heut so richtig satt
ganz träge macht das viele Essen,
hätte ihren Mann besser nicht gefressen.
Das war wohl doch zu viel.
Die Vogelmutter hat so leichtes Spiel
bekommt gleich ihr Jungen satt:
mit Spinnenweib samt Brut und Gatte und
einer Fliege die sehr gut gefrühstückt hat
-End-
Brautgeschenk
die Fliege hängt im Netz – was jetzt?
Beim Spurt stoppt jäh der Spinnenmann
ruft lieber seine Freundin an
schwärmt von gutem Essen, lädt sie ein
Sie lässt sich nicht lange bitten, kommt herein
und denkt, was für ein guter Mann:
Doch was der denkt, geht keinen etwas an
Frau Spinne genießt jetzt jeden Bissen
was der Spinnenmann genießt
will wieder niemand wissen
Gibt es Nachtisch….
will Frau Spinne wissen und sucht den Mann.
Der liegt am Boden – schaut sie glücklich an
er seufzt zufrieden, räkelt sich
Sekunden später bricht sein Augenlicht
Bühnenwechsel
Das Netz erzittert
Spinnenbeine laufen ein
Spurt zum Fliegenfest
vor dem **Run
im Frühstückszimmer
die Fliege sitzt schon am Tisch
lautlos die Stille
mit und von allen Sinnen
Beim Schreiben geht es um das Leben. Schreiben hat etwas mit sehen, hören, fühlen, riechen, berühren zu tun. Es handelt weit eher von all diesen Dingen als vom Denken.
Wir haben die Vorstellung, Schriftsteller müssen „intelligent“ sein. Mit „intelligent“ meinen wir „raffiniert“. Wir wissen, wie Raffinesse beim Schreiben aussieht: Es sind Sätze verlangt, die Kurven so mühelos nehmen wie ein Porsche, und kritische Kommentare mit einer Geschwindigkeit und Eleganz in die Ecke treiben, die uns normale Menschen meist nicht zur Verfügung stehen. Ja, das ist eine Art zu schreiben, mit Effekthascherei, doch ist das Schreiben mehr als nur das.
(Quelle: Julia Cameron: Von der Kunst des Schreibens)
die Zeitlüge
Der Mythos, dass wir Zeit – mehr Zeit – brauchen, um schöpferisch tätig zu sein, hält uns davon ab, die Zeit zu nutzen, die uns zur Verfügung steht. Wenn wir immer nur nach »mehr« verlangen, negieren wir das Vorhandene.
Die Obsession mit dem Zeitmangel ist in Wirklichkeit nichts anders als Perfektionismus. Uns fehlt der Mut, ohne Sicherungsnetz zu arbeiten, und wir behaupten, dass wir doch nicht so dumm sind, um Zeit auf etwas zu verschwenden, das sich am Ende gar nicht auszahlt.
Wer sich Zeit zum Schreiben nimmt, dem steht Gutes bevor. Indem wir unsere Umgebung beschreiben, wenden wir uns ihr bewusst zu und wissen sie besser zu schätzen.
(Quelle: Julia Cameron: Von der Kunst des Schreibens)