die Nixe im Tränenmeer

Merje1Das schöne Mädchen leidet stumm.
So schön ist sie und lebt im See
bezaubernd sieht sie aus.
Ihr Singen ist betörend und taucht sie aus dem Wasser auf,
setzt sich auf einen Stein
der Oberkörper von roten Haaren ist umlegt
singt sie so schön – doch auch allein
die Flosse wippt graziös.
Wer sie sieht , fällt sofort in ihren Bann
der will sie sehen, zu ihr gehen
und kommt als Wasserleiche an!
Ein Fluch der auf ihr liegt …
Schönheit zeigen, doch dabei einsam bleiben.
Singen darf sie, zum Sprechen kam sie nie
da niemand sie erreichte
höchstens als die vielbesungene Leiche.
Die Flosse kann sie nur gebrauchen
um auf- und abzutauchen.
Manchen Nacht sitzt sie oft lange und singt so schön
doch dabei trauern ihre Klänge
sie ist verdammt
und kann noch nicht mal gehen!

vanga 😉

Schreibwerkstatt 08/02/16

Kalendergeschichten

Der kleine rote Kalender liegt auf dem Tisch, direkt neben dem grünen Ohrensessel.
Jeden Tag nimmt Thea ihren ersten Tee vor dem Frühstück mit an den kleinen Tisch, setzt sich bequem in ihren Ohrensessel und während die Morgensonne ihr in die Augen blinzelt, genießt sie den Tee und greift gewohnheitsmäßig mit der linken Hand zum roten Buchkalender, sucht blind nach ihrer Brille und schlägt ihn auf.
Sie blättert und findet die gesuchte Seite und was steht heute da? Da steht mal wieder nichts. Leer ist er, wie gestern + vor einem Monat + vielleicht sogar vor einem Jahr.
Thea ist allein, vielleicht steht deshalb da nichts mehr, denkt sie, legt den Kalender sorgfältig zurück auf seinen Platz auf diesem kleinen Tisch und nimmt noch einem Schluck vom heißen Tee.
Na gut, denkt Thea, wenn heute kein Termin ansteht, dann wird es ein sehr gemütlicher Tag.

vanga

Schreibwerkstatt 04/02/16

Lea in einer anderen Welt

Die Familie sitzt am Frühstückstisch und Mutter macht ein sehr besorgtes Gesicht. „Am Wochenende baut die Kirmes wieder auf und bleibt 5 Tage hier“ erzählt sie der Familienrunde.
Lea kaut ganz aufgeregt, schluckt hastig ihren letzten Bissen runter, geht auf ihr Zimmer und träumt sich weit!
Weit weg von diesem Familienleben. Stattdessen im Wohnwagen durch die Städte ziehen. Leben ohne nachzudenken und jeden Tag an einer bunten Kasse sitzen, Musik bedienen, Chips verkaufen, so lässig kann ein Leben laufen. Erwachsen tun und schön gestylt, wie alle Mädchen dieser Kirmeswelt. In tollen Sachen, schmuckbehangen, tiefschwarzer Augenschminke und lackierten Nägeln kann man sich wichtigmachen.
„Mitreisende gesucht“ – immer hängt da dieses Schild. Am Zaun oder an den bunten Wagen. Das würde Lea so gerne leben. Vagabundendasein auf kleinstem Raum – sie träumt davon und schläft darüber ein!
Die Mutter kennt ihre Träume zu genau, hat immer Angst um diese Zeit, dass Lea eines Tages wirklich geht und kann erst wieder atmen, wenn die Kirmes abgereist und Lea immer noch in ihrem Zimmer lebt.

vanga

Schreibwerkstatt 25.01.2016 zum Thema „Karussell“  im Clustering

Der Weg mit Dir

Eines Tages zieht er in ihre Nachbarschaft. Greta steht oft am Fenster und denkt an ihn – ihr guter Freund aus Jugendtagen: Vor 8 Jahren setzte er sie bei einem Streit vor die Tür und nun kann sie fast in sein Fenster sehen. Krank ist er, hat sie gehört, und das belastet ihre Seele sehr.
Und so steht sie eines Morgens vor seiner Tür. Ihr Herz schlägt bis zum Hals, aber Greta drückt auf diesen Klingelknopf. Er öffnet ihr die Tür und sieht sie lächelnd an als hätte er nur auf sie gewartet und zieht sie sanft an sich heran. Sie spürt nur Knochen, gebrechlich steht er so vor ihr und bittet sie herein.
Greta bekommt Kaffee und fühlt sie nicht, die Naht, die 8 Jahre zwischen ihnen lag. Sie beide waren wieder wir!

vanga

Auf einer Bank im Stadtpark

„Hallo DU“!!!
irritiert blicke ich mich um? Wer spricht denn da? „Hallo“, wispert es wieder von unten hoch. Wer spricht denn hier? Ich sitze alleine auf der Bank im Stadtpark und weit und breit ist niemand zu sehen. „Hier unten liege ich“, die zarte Stimme dringt jetzt hartnäckiger an mein Ohr. Auf dem Schuh, da liegt ein Blatt und ich bücke mich zu ihm herunter. Tatsächlich! Es spricht mich wieder an und bittet mich, es hochzunehmen.
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Der kleine Junge

der Jungeer läuft durch den Park, im Purpurmantel, den er gar nicht mag. Sein Elfenbeingesicht wie zart, die großen Augen und das rote Haar, es leuchtet kupferfarben in der Abendsonne.

Dort hinten hinter einer Hecke sieht er jemand stehen. Angst hat er nicht, denn er läuft hin. Die Frau aus Stein, er kennt sie schon, kommt oft hierher wenn er mal reden will. So oft ist er allein, die Eltern sind viel aus. Mit der Kutsche gerade wieder weg, irgendwo gibt es sicher wieder ein Bankett und Martha, seiner Kinderfrau lacht lieber mit den Burschen. Er wird von niemandem vermisst und packt in Ruhe seine Schätze aus.
Warum sie hier wohl steht, so stumm und alt, doch schön. Förmlich spürt er ihren Blick, bestimmt hat sie den ganzen Tag auf ihn gewartet.
Begeistert greift der kleine Bub in seine Taschen, bringt vier Steine heraus, legt sie behutsam ihr zu Füßen und strahlt. „Schau, die habe ich dir mitgebracht. Sie sind aus Stein – wie du und wenn du Langeweile hast, kannst du damit auch malen. Das sind Taschenschmeichler sagt die Marta, aber ich weiß nicht was das ist. Ich möchte sie dir schenken, verstecke sie bitte gut, denn wenn die Martha sie vermisst, ich will nicht daran denken
und jetzt mach’s gut, wir sehen uns morgen und werde dir wieder was besorgen …“

vanga
Schreibwerkstatt 05/11/15